Kundgebung 8.Mai 2017

8. Mai 2017

Die Waffen nieder – Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg

Redebeitrag der VVN-BdA auf der Kundgebung in Tübingen

In ganz Europa wird heute am 8.Mai, dem Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg an den Sieg der Antihitlerkoalition über Nazideutschland und das Ende des 2.Weltkriegs erinnert.

Wir gedenken heute der mehr als 60 Millionen Opfer der faschistischen Herrschaft und ihres Eroberungskriegs.
Der Faschismus ist nicht irgendwie über Deutschland gekommen – im Zusammenspiel von rechten Kräften und den alten Eliten in Militär, Staat und Wirtschaft wurde Hitler die Macht übertragen.
Deshalb rufen wir heute dazu auf: Wehret den Anfängen. Im Sinne der Überlebenden des KZ Buchenwald, die nach der Befreiung den Schwur ablegten, für die Vernichtung des Nazismus mit allen seinen Wurzeln einzutreten und alle Anfänge zu bekämpfen, müssen wir uns heute überall dort entgegen stellen, wo rechte Gewalt und rechtes Gedankengut sich breit machen.

Und das ist inzwischen täglich der Fall, ich nenne hier nur wenige Meldungen der letzten Tage:

-In Rottenburg verbreiten Nazis der Gruppe III.Weg schon seit Wochen ihre Hetze und bedrohen Antifaschistinnen und andere Demokraten. Erst vor einer Woche überfiel ein rechter Schlägertrupp einen Infostand von jungen Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Wir lassen uns nicht einschüchtern und stehen auch bei weiteren Aktionen solidarisch an ihrer Seite.

-Die „Welt am Sonntag“ meldete gestern, dass sich die Zahl der bewaffneten Angriffe auf Flüchtlinge im letzten Jahr verdoppelt hat. 750 Schusswaffen befinden sich legal im Besitz von Rechten – nicht bekannt ist die Zahl der illegalen Waffen bei Reichsbürgern und anderen Rechten.

-Vor einigen Tagen hetzte in Reutlingen der AFD-Bundessprecher Jörg Meuthen mit alt bekanntem völkischem Vokabular gegen das sog. Diktat der politischen Korrektheit, also gegen moralisches und respektvolles Verhalten und ebenso wie die NSDAP in den 20er und 30 Jahren, gegen Kartellparteien und Medien. Gleichzeitig versuchen sich die AFD-Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag heuchlerisch als Opfer und Biedermeier zu inszenieren, Kritik an und Proteste gegen ihre Politik werden als linksextremistisch verleumdet. Um ihre Gegner zu diffamieren greifen sie zu allen Mitteln und nutzen dabei auch die demokratischen Strukturen, die sie gleichzeitig verhöhnen. Im Stuttgarter Landtag beantragten sie vor kurzem die Überprüfung der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, in der sie zu Recht einen aktiven Gegner ihrer demagogischen Politik sehen. Wir erwarten von allen demokratischen Parteien im Landtag, dass sie diese unverschämten Angriffe der AFD entschieden zurückweisen.

Es sind aber leider nicht nur gefährliche Entwicklungen am rechten Rand, die unsere Demokratie gefährden, ihre Wirkungen reichen bis weit in die Mitte unserer Gesellschaft hinein.
Deutlich wurde dies in den letzten Tagen am Skandal um die rechten Umtriebe in der Bundeswehr. Der rechtsradikale Offizier, der sich eine falsche Identität zulegte, Waffen und scharfe Munition in noch unbekanntem Ausmaß gestohlen und Anschläge geplant hatte, ist kein Einzeltäter. Dahinter steht auch nicht nur eine einzelne Nazizelle, inzwischen wissen wir, dass in der Bundeswehr und möglicherweise darüberhinaus ein rechtsradikales Netzwerk besteht. (Auf die Verflechtungen des Verfassungsschutzes mit gewalttätigen rechten Gruppierungen wie dem NSU u.a. kann ich an dieser Stelle nicht näher eingehen.)

Nazisymbole und Wehrmachtsverherrlichung werden in vielen Kasernen offen gepflegt. Wenn Teile des Offizierskorps mit Mitteln der Staatsmacht die Ermordung von Politikern planen, ist dies die Planung eines Staatsstreichs. Wenn Frau von der Leyen jetzt alles aufdecken will, muss sie auch den Auftrag der Bundeswehr in Frage stellen. Das Auftauchen von Neonazis in der Bundeswehr, die heute wieder als Kriegsarmee im Einsatz ist, ist doch kein Wunder. Die Ziele sind die gleichen wie damals, der Feind steht im Osten und die Bundeswehr probt den Einsatz an den russischen Grenzen. Mit ihrer „Sicherheits“-Politik heizt die Bundesregierung die Kriegsgefahr in Europa an.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg ist die Lehre aus unserer Geschichte.
Dieses Vermächtnis der Überlebenden ist erst erfüllt, wenn wir auch von der Bundeswehr befreit sind!

Gisela Kehrer-Bleicher
VVN-BdA Tübingen