Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen!
1. September 2013
Morgen früh um 5:45 ist es 74 Jahre her, dass – Gänsefüßchen – „zurück geschossen“ wurde. Die Nazis hatten ein paar Leute in polnische Uniformen gesteckt. Ihren seit langem geplanten und vorbereiteten Angriff auf Polen und ihre Annexion polnischen Gebiets und der vom Völkerbund verwalteten Freien Stadt Danzig wollten sie mit der Lüge bemänteln,
es habe ein Überfall auf einen deutschen Sender in der damaligen Grenzstadt Gleiwitz stattgefunden.
Die Beistandszusagen Großbritanniens und Frankreichs nützten den Polen nichts. Erst 1940 folgten den Kriegserklärungen, mit denen der Zweite Weltkrieg eingeleitet wurde, tatsächliche Kriegshandlungen an den westlichen Fronten.
Die Sowjetunion hatte versucht, schon damals eine Anti-Hitler-Koalition zustande zu bringen. Winston Churchill, der Imperialist und Antikommunist, ab 1940 an der Spitze der britischen Regierung und dann – in realistischer Einschätzung der damaligen Weltlage – Stalins Kriegsverbündeter, meinte rückblickend in seinen Memoiren, es wäre damals „von Großbritannien und Frankreich richtig gewesen […], das russische Angebot anzunehmen … Das Bündnis von England, Frankreich und Russland hätte Deutschland im Jahr 1939 mit größer Beunruhigung erfüllt, und niemand vermag zu beweisen, dass sich der Krieg nicht sogar damals hätte verhüten lassen. … Wenn Chamberlain [also der damalige britische Premier] zum Beispiel bei Empfang des russischen Angebots geantwortet hätte: Ja, wir drei wollen uns zusammentun und Hitler das Genick brechen, oder mit anderem Worten dieses Inhalts, so hätte das [britische] Parlament zugestimmt, Stalin wäre zufrieden gewesen, und die Geschichte hätte vielleicht einen anderen Lauf genommen. Wenigstens hätte sie keinen schlimmeren nehmen können. Stattdessen folgte langes Schweigen, während halbe Maßnahmen und wohlabgewogene Kompromisse vorbereitet wurden.“ Soweit Churchill über die Rolle der damaligen britischen Regierung, der er als Marineminister selbst angehörte.
Buchstäblich in letzter Minute wurde dann von der sowjetischen Führung, vor dem Zuschnappen der für sie erkennbaren Falle, die Notbremse gezogen und am 23. August ein deutsch-sowjetischer Nichtangriffsvertrag unterzeichnet, den die Nazis vorgeschlagen hatten.
Mit diesem Überraschungscoup gewann die Sowjetunion allerdings nur eine Atempause von knapp zwei Jahren bis zum Überfall der Nazis auf ihr Land am 22. Juni 1941. Die brauchte sie auch. Alle real denkbaren Alternativen waren in der letzten Augustwoche des Jahres 1939 leider ausgereizt.
Nichts schafft die Tatsache aus der Welt, dass dieser verheerendste aller bisherigen Kriege von deutschem Boden ausging.
Wichtig für uns ist heute, wir dürfen nicht zulassen, dass Ursachen und Wirkungen im Nachhinein vertauscht werden. Die Aggressoren und diejenigen, die sich wehrten oder ihnen auf eine nach den Umständen mögliche Art auswichen, können nicht auf eine Stufe gestellt werden.
Wer die spätere Zerstörung Dresdens, Stuttgarts oder Pforzheims im Bombenkrieg und ihre vielen Opfer beklagt, darf niemals schweigen von der Generalprobe, der Zerstörung Gernikas durch die Nazi-Luftwaffe mit Dornier- und Heinkel-Flugzeugen schon 1937 während des spanischen Kriegs, und von ihren Flügen, um 1940 England zu „coventrieren“, wie sie das großmäulig nannten, als sie die Industriestadt Coventry mitsamt ihrer Kathedrale in Schutt und Asche gelegt hatten.
Wer früheren Siedlungsgebieten deutschsprachiger Menschen nachtrauert und Vertreibungsschicksale seiner Angehörigen beklagt, spricht von den Reaktionen der Opfer eines Angriffskriegs, der im deutschen Namen begangen wurde.
Es ist unerträglich, wenn Lobbyisten der sogenannten „Vertriebenen“ die Aussiedlungsaktionen nach 1945 historisch und begrifflich auf eine Stufe gestellt sehen wollen mit den Verbrechen der Nazis, wenn sie entsprechende Denkmäler und Gedenktage beanspruchen und wenn sie dafür bis heute immer noch staatliche Unterstützung erhalten.
Die entscheidende Lehre von 1945 war, dass von deutschem Boden nie mehr ein Krieg ausgehen darf. Diesem Tabu, dieser Schamgrenze waren zumindest alle deutschen Regierungen 50 Jahre lang verpflichtet, bis sich im März 1999 die Gerhard Schröder und Joseph Fischer geführte „rot-grüne“ Bundesregierung an dem Überfall gegen das damalige Jugoslawien beteiligte, dem dritten Überfall auf Serbien seit 1914.
Zeit meines politisch denkenden Lebens war es für mich klar, wir müssen eine Friedensbewegung organisieren und uns dort engagieren. Sie bleibt unverzichtbar. Jede Generation muss sich dazu ihren eigenen Zugang erarbeiten.
Jeder Krieg beginnt mit einer Lüge. Der „Überfall auf den Sender Gleiwitz“ wurde an Dreistigkeit sechzig Jahre später noch übertroffen von dem Vergleich der Zustände im damaligen Jugoslawien mit denen in Auschwitz, aus dem Mund des deutschen Außenministers Fischer.
Kein ernsthafter Mensch glaubt an das Märchen von dem Dialysepatienten aus Saudi-Arabien, der aus den Bergen Afghanistans die Zerstörung des World Trade Center gesteuert haben soll, womit 2001 der Überfall auf Afghanistan gerechtfertigt wurde.
Deutschland in dieses Abenteuer hinein zu ziehen, das bewerkstelligte der damalige deutsche Botschafter in Washington, Wolfgang Ischinger. Ausgerechnet ihn machte im April 2011 die Universität Tübingen, die sich gerade eine „Friedensklausel“ zugelegt hatte, zum Honorarprofessor im Fach Politikwissenschaft. Dort veranstaltet er Hauptseminare. Unverändert aktuell ist die Forderung, dass die Universität ihm diesen Titel wieder entzieht. Herr Ischinger leitet die sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz. An das Motto „Krieg ist Frieden“ des „Wahrheitsministeriums“ aus dem Roman „1984“ von George Orwell erinnert zu werden, das ist diesen Herrschaften peinlich. Aber genau nach dieser größten Lüge betreiben sie ihr Geschäft des Vordenkens neuer Kriege.
Vor zehn Jahren wurde der Irak überfallen und in ein Chaos gestürzt. Als Vorwand dienten angebliche chemische Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins, die es in Wirklichkeit nie gab. Der damalige Außenminister der USA Colin Powell bezeichnete es im September 2005 als den Schandfleck seiner Karriere, wie er damals den UN-Sicherheitsrat mit Fälschungen belog.
Sehr real ist heute die Gefahr eines Überfalls auf Syrien. Der „Sender Gleiwitz“, wo die USA „zurück schießen“ wollen, sind diesmal Bilder von Opfern eines Giftgasangriffs, die ins Internet eingestellt waren, bevor der Angriff überhaupt stattgefunden haben soll, und angeblich abgehörte regierungsinterne Telefongespräche. Assads Regierung soll so verrückt sein, genau das getan zu haben, was Obama ein Jahr zuvor als „rote Linie“ für eine Militärintervention der USA bezeichnete. Wir werden auf dieser Kundgebung noch einiges dazu hören.
Jeder Krieg beginnt auch mit einem Angriff auf den gesunden Menschenverstand. Sie verkaufen uns für dumm, aber sie sind hoffentlich selber nicht so blöd, sich auf ein solches Abenteuer einzulassen. Auch wenn viele am Krieg und seiner Vorbereitung verdienen.
Tun wir das uns Mögliche – auch unsere Kundgebung gehört dazu – um den heutigen Kriegstreibern in die Arme zu fallen!