Antikriegstag in Tübingen
7. August 2025
Kundgebung
1.September 2025 17:30 Uhr Holzmarkt


Rede zum Antikriegstag gesprochen von Jannik Renz VVN-BdA Tübingen
Wir als VVN lehnen Krieg gänzlich und vollumfänglich ab. Schon im Schwur der Häftlinge von Buchenwald vom 19. April 1945 hatte es geheißen: „Die endgültige Zerschmetterung des Nazismus ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ideal.“
Darauf hat sich unsere Vereinigung immer bezogen, und sie tut es auch weiterhin. Wir glauben daran, dass es immer eine Lösung gibt, die nicht auf physischer Gewalt beruht. Doch alle Bemühungen sind zum scheitern verurteilt, wenn eine Sache fehlt: Der politische Wille eine Friedenslösung zu finden.
Am 1. September jährt sich der Überfall Deutschlands auf Polen zum 80. mal. Mit diesem Krieg hat der 2. Weltkrieg in Europa begonnen. Dem voran gegangen waren eine Reihe von Inszenierungen, die das Ziel hatten, Polen als Aggressor erscheinen zu lassen um den Krieg zu legitimieren u.A. der Überfall auf den Radiosender Gleiwitz.
Damals wie heute muss ein Kampf um die Köpfe der Menschen geführt werden, bevor ein Krieg Realität wird. Eine Mehrheit der Bevölkerung muss überzeugt werden auf der „guten“ Seite zu stehen, keine andere Wahl zu haben oder sich nur zu verteidigen. Menschen sind zu jeder Schandtat bereit, solange sie davon überzeugt sind „das Richtige“ zu tun, deshalb ist Kriegspropaganda unbedingt erforderlich für (moderne) Kriege.
Um einen Menschen töten zu können, muss man ihn im Vorhinein entmenschlicht haben, man muss davon überzeugt sein, dass dieser Mensch einem nicht ebenbürtig, nicht gleichberechtigt ist.
Warum sage ich das? Da wir in eine Phase eingetreten sind, in der wir wieder mal vor massiver Kriegspropaganda wachsam sein müssen. Wir müssen wieder wachsam sein, wer als Feind gebrandmarkt wird und vor welchen bösen Kräften wir uns in Zukunft verteidigen müssen. Es scheint so als ob alle Akteure sich nur verteidigen: Die IDF (Israel Defence Force) hat schon im Namen stecken, dass sie nur in der Lage ist sich zu verteidigen und verteidigt sich extrem brutal und offensiv gegen die Hamas, die Hamas verteidigt sich gegen die israelische Besatzungspolitik, Russland verteidigt sich gegen die Aggression der Nato, die Ukraine verteidigt sich gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands und Deutschland bereitet sich darauf vor, sich zu verteidigen gegen Alle, die bereit sind uns anzugreifen… sobald wir verteidigungsbereit sind.
So eingesetzt verkommt die „Verteidigung“ zu einer bloßen Worthülse.
Wer soll denn überzeugt werden, dass es sich lohnt Deutschland zu verteidigen?
Das ist die junge Generation, sie muss die Rentnerrepublik verteidigen. Während die Kinder der Vermögenden und Superreichen Wege finden werden sich einem Dienst an der Waffe zu entziehen, werden die nicht-wohlhabenden mit einer attraktiven Besoldung und weiteren Privilegien gelockt, den Dienst an der Waffe zu leisten. Auch im Krieg gilt: Die Ärmsten sind es, die am Meisten zu leiden haben. Sie müssen im Schützengraben liegen während Großkapitalisten auch durch die Zerstörungen des Krieges Profite einstreichen.
Der Kapitalismus, wie wir ihn kennen, schließt Naturschutz aus. Er fördert und belohnt sogar (Umwelt-)zerstörung. Jede Granate muss produziert und verkauft werden. Jedes Haus dass sie zerstört, kann wieder aufgebaut werden und wirft dabei Profit ab. Insbesondere diese Profitinteressen der Rüstungs-, Rohstoff- und Bauindustrie führen dazu, dass Kriege in die Länge gezogen werden, keine Bemühungen für diplomatische Lösungen sichtbar sind, die Propaganda und Fake News Maschinerie heiß läuft und wir für dumm verkauft werden.
Ich habe mich gefragt, wie werden sich die Kriege der Zukunft im Angesicht von drastischen Klimaveränderungen und damit einhergehender Naturkatastrophen entwickeln?
Neben den unzähligen Gefahren die durch die Erderwärmung für das zivile Leben besteht, kann schwer bestritten werden dass drastische Naturereignisse die Entstehung von Kriegen und Völkermorden begünstigen.
Dem Bürgerkrieg in Syrien ging eine 5-jährige Dürre voraus, die viele Menschen (ca.1,5 Millionen) vom Land in die Großstädte getrieben hat, was, neben vielen anderen Dingen, zu sozialen Spannungen geführt hat, die im Bürgerkrieg gipfelten.
Auch beim Krieg im Sudan gingen die Folgen von Klimaveränderungen voraus. Dürren und Überschwemmungen führten zu Ernteausfällen und schließlich zum Verlust der Lebensgrundlagen der Landbevölkerung.
Der Klimawandel wird die Wahrscheinlichkeit von Krieg in die höhe treiben. Bestehende Soziale Spannungen und Konflikte werden u.a. verschärft oder ausgelöst durch Klimaereignisse. Entscheidend ist wie politisch auf plötzlich auftretende Krisen reagiert wird. Wird den betroffenen Menschen akut und langfristig geholfen oder werden sie im Stich gelassen? Reagiert der Staatsapparat mit Repression oder mit Zurückhaltung? Ist der Staat stabil oder korrupt? Das sind Fragen die entscheiden was für Folgen eine Naturkatastrophe auf die Bevölkerung hat.
Kriege an sich sind selbstverständlich auch Treiber der Erderwärmung. Der Krieg in der Ukraine stößt, grob geschätzt, soviel CO² aus wie die Niederlande. Und natürlich hinterlässt Krieg eine zerstörte Landschaft und häufig kontaminierte Böden.
Zum Schluß noch ein letzter Punkt: Die Wissenschaft sagt voraus, dass eine Erderwärmung um 2 Grad Celsius schon große Landflächen unbewohnbar macht. Dies wird massive Migrationswellen auslösen. Wenn diese Menschen an der europäischen Außengrenze ankommen, auf welche Art und Weise soll das bewältigt werden?
Schießen wir dann auf wehrlose Menschen wenn sie versuchen europäische Grenzen zu übertreten um ihr eigenes Leben zu retten?
Das Menschen zum Äußersten bereit sind, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht das wissen wir. Bilder wie Menschen aus dem World Trade Center springen oder sich an Flugzeuge klammern die aus Afghanistan fliehen kann ich nicht vergessen. Es ist schrecklich, dennoch halte ich es für wichtig auch so etwas anzusprechen.
An dieser Stelle würde ich jetzt gerne Hoffnung entfachen. Es fällt mir aber schwer hoffnungsvolle Worte zu finden wenn ich den Regierungskurs sehe.
Mit einem Black-Rock-Kanzler, einer Fossil-Lobbyistin als Wirtschaftsministerin, einem Verfechter von Hochrüstung und Wehrpflicht als „Verteidigungs“-Minister, einem stramm rechten Kulturkämpfer als Kulturminister und einem Menschenfeind und Scharfmacher als Innenminister sind nur die schlimmsten Regierungsmitglieder benannt – und verdeutlicht, wofür diese Regierung steht:
Neoliberalismus, Militarisierung der Außen- und Innenpolitik, Kriegsvorbereitung, Autoritarismus, Sozialkürzungen und nicht zuletzt u.a. auf dem Gebiet der Migrationspolitik ein Anbiedern an die AfD. All‘ das lehnen wir als VVN ab!
Die Menschheit ist zu Beidem fähig: Kooperation und Konkurrenz. Ich bin überzeugt davon, dass die Veränderungen des Erdklimas nur bewältigt werden können wenn wir als Menschheit kooperativ zusammenarbeiten.
Solidarität statt Konkurrenz





