Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und in der Bundesrepublik
10. April 2011
Es lesen seine Töchter Alice Czyborra und Silvie Gingold aus den 2009 erschienen Erinnerungen
Wer Peter Gingold persönlich kannte oder ihn erlebte, wird ihn in seinem Buch „Paris – Boulevard St. Martin Nº. 11“ lebendig finden, quirlig wie immer. Mit rhetorischem Talent konnte er besonders junge Menschen begeistern, wenn er aus seinem Leben und dem riesigen Fundus seiner Erfahrungen sprach. Wer ihn nicht kannte, kann ihn, der 2006 starb, hier kennenlernen.
Im Kriegsjahr 1916 wurde er in eine jüdische Familie geboren. Als Jugendlicher erlebte er den aufkommenden Faschismus, den Antisemitismus in Frankfurt/Main, schloss sich der Arbeiterjugendbewegung an und nahm teil am ersten Widerstand gegen das faschistische Hitlerregime. Bereits im Sommer 1933 emigrierte seine Familie nach Frankreich. Peter Gingold, wenige Monate später aus Deutschland ausgewiesen, folgte seiner Familie ins Exil nach Paris, erlebte Existenzkampf und die Angst vor Abschiebung der Emigranten.
Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht schlossen er und seine Frau Ettie sich dem Widerstand in den Reihen der Résistance an. Peter Gingold wurde verhaftet, und es gelang ihm, in einer unglaublichen Flucht aus den Fängen der Gestapo zu entkommen. Er nahm am Aufstand zur Befreiung von Paris teil und erlebte dann den 8. Mai 1945 in Turin in den Reihen der italienischen Resistenza.
Zurückgekehrt nach Deutschland, gestaltete er dort den politischen Neuanfang aktiv mit. Doch dann erlebten er und seine Familie fast zwei Jahrzehnte erneute Verfolgung, Ausbürgerung und Berufsverbot. Trotz allem bezeichnete Peter Gingold sich später selbst als „Reisender im Mutmachen“. Mit seinen Erinnerungen verstand er es nicht nur, die Leserinnen und Leser in Spannung zu versetzen, sondern seine Erfahrungen machen auch Mut, Mut zur Zivilcourage.
20110411_1_gingold-lesungttuebingen_11.4.11.pdf (57 KB / 1 S.)