Antikriegskundgebung 4.März 2022 in Tübingen auf dem Holzmarkt

4. März 2022

Rede Jens Rüggeberg (Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen)

„Was soll man denn anderes machen?“ Das ist der Satz, den ich in den letzten Tagen am häufigsten gehört habe, von Bekannten, von Kolleginnen, von Kollegen, das sagen sie, angesprochen auf die Waffenlieferungen an die Ukraine, auch aus Deutschland, und angesprochen auf die massive und für mich erschreckende Aufrüstung der Bundeswehr, die jetzt geplant ist.

„Was soll man denn anderes machen?“ Dieser Satz scheint mir Ausdruck zu sein von Hilflosigkeit. Wer ihn sagt, zuckt dazu die Achseln und fügt hinzu: „Das kann man doch Putin nicht durchgehen lassen, sonst stehen wir als Schwächlinge dar, und er macht dann immer weiter. Und irgendwann sind dann womöglich wir selbst dran.“

Solche Äußerungen sind aber nicht nur Ausdruck von Hilflosigkeit, sondern auch von Uninformiertheit. Die ganze Vorgeschichte wird ausgeblendet. Sie ist ja auch meistens gar nicht bekannt. Und sie wird als irrelevant betrachtet, angesichts des Überfalls Russlands auf die Ukraine. Man will von der Vorgeschichte nichts wissen. Dabei ist es wichtig, sie zu kennen, um zu verstehen, was gerade passiert. Sie macht den Überfall Russlands zu einem Ereignis, das nicht vom heiteren Himmel gefallen ist. Die Kenntnis der Vorgeschichte führt allerdings nicht dazu, dass der russische Angriff auf die Ukraine zu billigen oder zu rechtfertigen wäre. Er muss sofort gestoppt werden. Die russische Armee muss unverzüglich die Kampfhandlungen einstellen und sich zurückziehen – und die ukrainischen Bewaffneten müssen ebenfalls sofort die Kampfhandlungen einstellen. Dem Minsker Abkommen muss endlich Geltung verschafft werden!

Das erste, was nach dem russischen Angriff passierte, war, dass unter den männlichen Einwohnern Kiews 18.000 Kalaschnikows verteilt wurden. Ein Wahnsinn! Und jetzt liefert alle Welt der Ukraine Panzerabwehrwaffen, Handgranaten und viele andere Kleinwaffen und große Waffen. So gießt man Öl ins Feuer! Und verlängert das Blutvergießen! Die Zivilbevölkerung ist das Opfer und flieht. Will die NATO aus der Ukraine ein neues Afghanistan machen? Wie damals, als der Westen die Mudschahedin bewaffnete, um der Roten Armee einen Partisanenkrieg zu bereiten? Wir fordern: Keine Waffenlieferungen an die Ukraine!

Die gigantische Aufrüstung der Bundeswehr wäre ohne den jetzigen Ukraine-Krieg politisch nicht durchsetzbar gewesen. Jetzt aber hat die Bundesregierung einen Vorwand gefunden – man müsse sich doch verteidigen. Und größere Teile der Bevölkerung scheinen einverstanden zu sein mit der Aufrüstung und den mit ihr wahrscheinlich verbundenen Kriegsplanungen. Wenn eine Armee massiv aufgerüstet wird, muss man nämlich immer fragen: Gegen wen richtet sich das? Wer soll eingeschüchtert, bedroht oder angegriffen werden? Die Antwort liegt auf der Hand: Um gegen die Islamisten in Mali vorzugehen, braucht man eine solche Aufrüstung nicht. Also geht es um Russland und China. Da machen wir nicht mit!

Die Regierenden haben es immer einfach, Aufrüstung und Krieg zu rechtfertigen, wenn es gegen angebliche oder tatsächliche Bösewichter geht. Die hatte man 1999 in Serbien und 1990 und 2003 im Irak. Saddam Hussein hatte Giftgas in kurdischen Siedlungsgebieten im Nordirak einsetzen lassen und Tausende Menschen dadurch umgebracht, Tausende politische Gefangene wurden im Irak ermordet, darunter fast sämtliche Kader der kommunistischen Partei, und Kuwait wurde überfallen und besetzt. Trotzdem war es richtig, dass wir als Friedensbewegung 1990 und 2003 gegen den Krieg gegen den Irak protestierten. „Regime change“ ist völkerrechtswidrig und nicht zu rechtfertigen, egal, gegen wen es sich richtet.

„Regime change“ hat im Westen eine lange Tradition. Nur ein paar Stichworte: Iran, Chile, Serbien, Ukraine 2014, Irak, Syrien (dort allerdings gescheitert). Jetzt scheint die russische Führung das in der Ukraine auch anzustreben. Wir als Friedensbewegung haben das Recht und die Pflicht, das zu kritisieren. Die NATO nicht. Denn die hat es selber oft genug gemacht.

Zum Schluss ein Blick in die Geschichte. Ich zitiere aus dem Protokoll des SPD-Parteitags 1907, Seite 255 – aus einer Rede von August Bebel:

„Genosse David hat, wie ich aus dem Bericht ersehe, bestritten, dass ich das Wort, ich sei bereit, noch in meinen alten Tagen die Flinte auf den Buckel zu nehmen, in Bezug auf einen Krieg mit Russland gesagt hätte. Und doch habe ich es so gesagt und nicht anders. Vor zirka sieben Jahren führte ich aus, dass, wenn es zu einem Kriege mit Russland käme, das ich als Feind aller Kultur und aller Unterdrückten nicht nur im eigenen Lande, sondern auch als den gefährlichsten Feind von Europa und speziell für uns Deutsche ansähe, auf den sich in erster Linie die deutsche Reaktion stützt, dann sei ich alter Knabe noch bereit, die Flinte auf den Buckel zu nehmen und in den Krieg gegen Russland zu ziehen.“

Das hat die SPD paralysiert, als es dann wirklich zum Krieg kam. Ergebnis: Im Dezember 1914 hat nur ein einziger Reichstagsabgeordneter gegen die Bewilligung der Kriegskredite gestimmt, nämlich Karl Liebknecht. Wir hoffen, dass jetzt, wo es erneut um die Bewilligung von Kriegskrediten geht, die antimilitaristische und pazifistische Opposition von links im Bundestag deutlich stärker ist als 1914!

Die Waffen in nieder!

KRIEG IST NIE DIE RICHTIGE ANTWORT!

25. Februar 2022

Dokumentiert: Die Rede von Jens Rüggeberg von der VVN-BdA Tübingen auf der Antikriegskundgebung auf dem Tübinger Marktplatz am 25.2.2022:

„Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“ Das ist das Motto der VVN-BdA seit 75 Jahren. Es geht zurück auf den Schwur von Buchenwald und ist – leider! – im Augenblick so aktuell wie schon lange nicht mehr, denn wir haben wieder Krieg in Europa. Heute demonstrieren wir hier gegen den Krieg, und ich freue mich, dass wir so zahlreich sind: 500 Menschen sind hier versammelt.

Wir, die Friedensbewegung, und die VVN gehört schon immer zur Friedensbewegung, haben seit Jahr und Tag den ukrainischen Nationalismus kritisiert, der auf die Kollaboration mit den Nazis zurückgeht. Aber der (groß-)russische Nationalismus ist ganz bestimmt nicht die richtige Antwort darauf.

Wir, die Friedensbewegung, kritisieren seit 30 Jahren die verschiedenen Wellen der NATO-Osterweiterung und die Einkreisung Rußlands. Aber wenn die russische Armee auf Manövern ihre Interkontinentalraketen präsentiert, ist das sicherlich nicht die richtige Antwort auf die NATO.

Wir, die Friedensbewegung, kritisieren ständig die NATO-Aufrüstung und fordern stattdessen Abrüstung. Krieg ist die falsche Antwort darauf. Wir fordern auch jetzt Abrüstung. Und: Keine Waffen an die Ukraine zu liefern – nicht trotz des jetzigen Krieges, sondern wegen des Krieges. Denn Waffenlieferungen würden nur Öl ins Feuer gießen und alles noch schlimmer machen.

Wir, die Friedensbewegung, haben 1999 die NATO-Staaten kritisiert, die den Überfall auf Jugoslawien damit begründeten, im Kosovo finde ein Genozid statt. Das war eine Lüge. Und wir haben den Angriff auf den Irak 2003 kritisiert, der mit der Behauptung begründet worden war, der Irak habe Massenvernichtungswaffen. Auch das war eine Lüge. Aber es ist die falsche Antwort, den NATO-Staaten jetzt den Spiegel vorzuhalten, indem man behauptet, im Donbass finde ein Genozid statt und die ukrainische Armee habe Atomwaffen-Knowhow und strebe deren Besitz an. Für beides gibt es nicht den Hauch eines Beweises.

Und wir, die Friedensbewegung, haben seit Jahren die NATO-Staaten und auch die Bundesregierung kritisiert, weil sie nicht die ukrainische Regierung zwangen, das Minsker Abkommen einzuhalten und umzusetzen. Fatal ist jedoch, dass die russische Regierung jetzt durch den Einmarsch ihrer Armee in die Ukraine das Abkommen zertrümmert. Denn das Minsker Abkommen ist immer noch der Schlüssel zur Lösung des Konflikts.

Wir, die wir hier auf dem Tübinger Marktplatz versammelt sind, fordern die Regierenden auf, sofort an den Verhandlungstisch zurückzukehren!

Der Krieg muss sofort beendet werden! Die Waffen nieder!

Aufruf zum Ostermarsch 2022 in Stuttgart

22. Februar 2022

Kriegsgefahr bannen! Atomwaffen abschaffen!
Abrüsten statt aufrüsten!

Die jahrelange Politik der Aufrüstung, der Konfrontation und der NATO-Osterweiterung hat
zu einer dramatischen Kriegsgefahr geführt – auch in Europa. Die Gefahr eines Atomkrieges
ist heute so groß wie zuletzt in der Kuba-Krise. Nicht nur die Zahl der einsatzbereiten
Atomwaffen steigt, sondern auch die der Kampfdrohnen und Hyperschallraketen. Zudem
befeuern die EU und die NATO den gefährlichen Konfrontationskurs gegen Russland und
China, die zu feindlichen Staaten stilisiert werden.
Dies äußert sich auch im Ukraine-Konflikt. Die Pläne zur Aufnahme der Ukraine in die
NATO erhöhen die Gefahr eines großen Krieges. Provokant rüstet die NATO die Ukraine auf
und verlegt Truppen an die russische Grenze. Russland reagiert und entsendet Militär an die
Westgrenze. Diese Eskalation ist brandgefährlich und muss gestoppt werden.
Währenddessen nutzt die EU die Feinddarstellung, um die weitere Aufrüstung der EU aus
EU-Finanzmitteln zu legitimieren. Die EU fördert mittlerweile die Forschung, Entwicklung
und Produktion von Militärgütern und militärisch nutzbaren Technologien, wie Künstliche
Intelligenz und Quantencomputern. Die EU wandelt sich zur „Verteidigungsunion“, in der die
militärische Zusammenarbeit wächst, die militärischen Fähigkeiten ausgebaut werden und die
Rüstungsausgaben steigen. So bringt die EU aktuell z.B. zahlreiche Rüstungsprojekte im
Rahmen von PESCO auf den Weg: die Eurodrohne und das darauf aufbauende Future
Combat Air System, FCAS. Allein die Entwicklung des FCAS kostet hundert Milliarden
Euro. FCAS besteht unter anderem aus Kampfflugzeugen und teilweise bewaffneten
Drohnenschwärmen.
Das ist der falsche Weg!

Zusammenarbeit statt Konfrontation!


Was wir brauchen, sind Abrüstung und eine Politik der Entspannung – nicht nur wegen der
immensen Kriegsgefahr, sondern auch wegen des menschengemachten Klimawandels, denn
das Militär zählt zu den größten Verursachern von Treibhausgasen

Sicherheit neu denken!


Es zeigt sich immer wieder: Wir müssen Frieden neu denken – umfassend, global, sozial,
ökologisch, nachhaltig. Wir sind uns sicher: Nicht ein Gegeneinander schafft Sicherheit! Für
Sicherheit und umfassenden Frieden braucht es ziviles Engagement und ein fruchtbares
Zusammenwirken zum gemeinsamen Nutzen. Wir brauchen eine neue Politik der
Entspannung und Abrüstung, sowie der vertrauensbildenden Maßnahmen.
Deshalb fordern wir:


 Abrüsten statt aufrüsten! Kein Geld für Waffen und Militär, sondern für Bildung,
Gesundheit, ein solidarisches Sozialsystem, für zivile internationale Solidarität, zur
Angleichung der weltweiten Lebensverhältnisse auf einem menschenwürdigen Niveau
 Beendet den atomaren Wahnsinn! Beitritt Deutschlands zum UN-
Atomwaffenverbotsvertrag und Initiativen zu seiner Durchsetzung! Abzug der
Atomwaffen aus Deutschland!
 Eine neue Entspannungspolitik weltweit! Schluss mit dem militärischen Aufmarsch
nach Osten!
 Fluchtursache Krieg überwinden. Sichere Häfen für Geflüchtete! FRONTEX
abschaffen!
 Die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr stoppen – autonome
Waffensysteme ächten! Rüstungsexporte stoppen! Konversion von Rüstungsunternehmen und militärischen
Liegenschaften!
 US-Kommandozentralen EUCOM und AFRICOM schließen!
 Sofortige Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr!
 Austritt aus der NATO mit dem Ziel ihrer Auflösung.
 Kein Ausbau der EU zur Militärunion! (PESCO, europäischer Verteidigungsfonds)
 Mehr Friedensbildung! Keine Bundeswehr in Bildungseinrichtungen, auf
Ausbildungsmessen und in unserem Stadtbild. Kein Werben fürs Sterben – keine
Normalisierung des Militärs

Deshalb rufen wir auf zum Ostermarsch 2022!

Wussten Sie,
 dass sich die globalen Rüstungsausgaben 2021 auf knapp 2 Billionen US-Dollar
belaufen, wodurch den Staaten dringend benötigte Ressourcen für Bildung,
Gesundheit, Maßnahmen gegen den Klimawandel und zur Armutsbekämpfung
entzogen werden?
 dass mehr als die Hälfte dieser Ausgaben auf die NATO-Staaten entfallen?
 dass die Militärausgaben in Deutschland im Jahr 2022 um rund 3,4 Milliarden Euro
auf etwa 50,3 Milliarden Euro steigen soll?
 dass weltweit 1.800 Atomwaffen in ständiger Bereitschaft gehalten werden? Der
Einsatz eines Bruchteils von ihnen würde alles Leben auf der Erde auslöschen.
 dass der UN-Vertrag zum Verbot aller Atomwaffen seit einem Jahr in Kraft getreten
ist, die neue Bundesregierung sich aber weigert, ihm beizutreten und an der
Stationierung von Atomwaffen in Deutschland und der Beschaffung neuer
Trägerflugzeuge für die Bundeswehr festhält?
 dass im Nato-Krieg in Afghanistan 240.000 Menschen starben, und dass von 38
Millionen Afghan*innen mehr als 12 Millionen von Hunger bedroht sind? Die
auferlegten Sanktionen verschlimmern das Schicksal der Zivilbevölkerung.
 dass das Militär zu den größten Verursachern von Treibhausgasemissionen gehört?
Eine Flugstunde des Eurofighters verbraucht z.B. 3.500 kg Treibstoff. Zudem hat das
Militär einen enormen Flächenverbrauch mit großer Boden- und
Grundwasserverseuchung
 dass die Bewaffnung von Drohnen eine autonome Waffenführung und eine von
Algorithmen gesteuerte Kriegsführung ermöglicht?
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Ich / wir unterstützen den Aufruf zum Ostermarsch in Stuttgart 2022
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„Bündnis Pforzheim Nazi frei! Solidarisch gegen Hetze und Gewalt!“

21. Februar 2022

am 23. Februar 2022 am Platz der Synagoge um 17 Uhr

wie jedes Jahr nutzen die Nazis den Jahrestag der Bombardierung am 23. Februar von Pforzheim zu ihrem unsäglichen Fackelmarsch.

Dagegen müssen sich alle Antifaschistinnen und Antifaschisten positionieren!

Die „Initiative gegen Rechts“ ruft u.a. mit folgenden Worten zu einer Gegendemonstration auf:

„In unserer Stadt starben zehntausende Menschen durch den von Nazis gewollten Krieg. Menschen wurden aus rassistischen, religiösen, politischen Gründen verfolgt, verschleppt, ausgebeutet und ermordet. Eine Veranstaltung wie die “Fackelmahnwache”, die genau diese Gründe verdreht, das Naziregime verherrlicht und damit zutiefst hasserfüllt ist, werden wir in unserer Stadt niemals akzeptieren!“

Als VVN-BdA unterstützen wir „die Initiative gegen Rechts“ und auch die Bündnisse „…nicht lange fackeln“ und „Bündnis Pforzheim Nazi frei! Solidarisch gegen Hetze und Gewalt!“

Die Demo startet am 23. Februar 2022 am Platz der Synagoge um 17 Uhr und endet gegen 18 Uhr am Hauptbahnhof.

Das OTFR Tübingen organisiert einen Zugtreffpunkt zu den Gegenprotesten des Bündnisses „Nicht lange Fackeln“: 

23.Februar, Hauptbahnhof Tübingen 15.50 Uhr !

Kundgebung der Tübinger Friedensbewegung „Gegen die Münchner Sicherheitskonferenz und das Säbelrasseln gegen Russland“ am 19.2.22

19. Februar 2022

Redebeitrag derVVN-BdA Tübingen-Mössingen

Anders als Außenministerin Baerbock sind wir nicht bereit „als Deutschland einen hohen Preis zu zahlen“ für die Zuspitzung der Konfrontation.  So wie ¾ der deutschen Bevölkerung treten wir für eine friedliche Lösung, für Deeskalation und Verhandlungen ein und lehnen Waffenlieferungen an die Ukraine ab.

Mit aggressiver Kriegspropaganda wird der Druck verstärkt,  Angst vor Russland geschürt. Jede Kritik an Aufrüstung und militärischem Säbelrasseln soll verhindert und Zustimmung zum NATO-Kriegskurs hergestellt werden.  Die letzten verbliebenen Friedenskräfte bei den Grünen und in der SPD sollen zum Schweigen gebracht werden.

Hysterische Fakenews werden in die Welt gesetzt: „ der Angriff der russischen Armee wird am Mittwoch erfolgen“ und historische Tatsachen nach Belieben geleugnet und verdreht. Ein besonders drastisches Beispiel lieferte unsere CDU-Bundestagsabgeordnete Widmann-Mauz, die am 28.1. im „Tagblatt“ schrieb, dass sich „derzeit mehr als 100 000 russische Soldatinnen und Soldaten an der ukrainischen Grenze aufhalten. Solche Truppenverlegungen Russlands in Richtung Europa gab es zuletzt 1941“. Ist es nur Geschichtsvergessenheit,  wenn sie die aktuelle Situation ausgerechnet mit 1941 vergleicht? Damals überfiel  die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion und überzog das Land mit einem barbarischen Angriffskrieg; am Ende mussten fast 30 Millionen Tote beklagt werden.

Heute geht es angeblich um wertebasierte Außenpolitik, der demokratische Westen gegen die russische Diktatur im Osten. Doch wofür riskiert die NATO einen Krieg mit Russland? Welche Werte werden in der Ukraine verteidigt?

Amnesty International kritisierte wiederholt, dass in der Ukraine nach wie vor zahlreiche Menschenrechte ausgesetzt sind: Oppositionelle Journalisten und Politiker werden verfolgt, Kriegsdienstverweigerer müssen ins Ausland fliehen, die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, es gibt kein Recht auf faire Gerichtsverfahren, Gefangene werden eingeschüchtert und gefoltert.

Der Staat ist wirtschaftlich bankrott,  völlig von westlichen Geldgebern abhängig und neoliberalen Auflagen unterworfen. Mit der Folge einer wachsenden Verarmung großer Teile der Bevölkerung , während eine kleine Minderheit von Oligarchen sich hemmungslos bereichert und das Land mit einem System der Korruption überzogen hat. Sämtliche Präsidenten wurden von Oligarchen unterstützt und ins Amt gebracht. Die Südwestpresse zitierte am 16.2. Ukrainer, die beklagen, dass es aktuell unter Selenski sogar noch schlimmer wurde, dass 40% der staatlichen Gelder für Investitionsprogramme veruntreut werden.   Schon oft wurden  nationalistische Konflikte geschürt, um von sozialen Spannungen abzulenken.

Die Militarisierung der ukrainischen Gesellschaft wird  in den letzten Wochen gerade massiv vorangetrieben. Nicht nur das Militär wird ausgebaut und aufgerüstet, auch die Zivilbevölkerung wird in unglaublichem Maß mobilisiert. Verstörend sind die Bilder von mit Gewehren bewaffneten Zivilistinnen und Zivilisten, die militärisch ausgebildet werden.

Der ukrainische Journalist, Regimekritiker (und politischer Gefangener) Vasily Muravitsky hat  vor wenigen Tagen darüber informiert, welche Kräfte hinter dieser Militarisierung stehen: Während des Maidans und in den Jahren seit 2014 haben sich die prowestlichen Kräfte und alle ukrainischen Regierungen auf faschistische Milizen wie den „Rechten Sektor“ und die Neonazi-Partei Swoboda gestützt. Wir erinnern uns mit Entsetzen an den terroristischen Überfall auf Gewerkschafter und andere Demokraten. Mindestens 40 Menschen – die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt –  wurden  bei dem Brandanschlag auf das Gewerkschaftshaus in Odessa getötet. Mehr als 80 Milizen wurden in den  folgenden Jahren aufgebaut. Westliche Gelder fließen in ihre Ausbildung und Bewaffnung. Der berüchtigte Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera , der mit der  deutschen Wehrmacht kollaboriert und die Verfolgung und Ermordung von ukrainischen Juden unterstützt hat, wird heute öffentlich als nationaler Held geehrt.

Berüchtigt ist das Asow-Regiment, dessen Gründer Biletsky sich zum „Kreuzzug der weißen Nationen gegen die semitisch geführten Untermenschen“ bekannte und die SS-Symbole Wolfangel und Schwarze Sonne verwendet.

Heute ist das Asow-Regiment eine Miliz mit einem riesigen Waffenlager. Asow hat  eigene Verlage und die Partei Nationalkorps aufgebaut. Diese Partei unterhält intensive Beziehungen zu faschistischen und rechten Organisationen in der ganzen Welt, in Deutschland gibt es Verbindungen zur Partei die Rechte, zum III.Weg und zu den Identitäten.

Neben der Armee wurde eine Nationalgarde aufgebaut, Asow und andere Milizen integriert. Sie bekamen offiziellen Status und staatliche Finanzierung und konnten großen Einfluss auf die ukrainische Gesellschaft gewinnen, wurden zu einer Bürgerkriegsarmee im Innern. Angehörige von Milizen terrorisieren politische Gegner und halten den Krieg gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine in Gang. Die üppige staatliche Förderung der Milizen hat die Ukraine zu einem Zentrum für die militärische Ausbildung rechter Gruppierungen in Europa gemacht. Die amerikanischen Zeitschrift „Time“ berichtete über 17 000 ausländische Nationalisten und Rechtsextreme, die in den vergangenen Jahren militärisch ausgebildet wurden.

Im letzten Jahr wurde ein „Gesetz über die Grundlagen des nationalen Widerstands“  und zur territorialen Verteidigung beschlossen. Ziel ist die Aufstellung einer internen Truppe mit der Ausbildung zum Guerillakrieg. Im ganzen Land sollen Einheiten aufgebaut werden und im Einsatz sein. Zusätzlich zum regulären Militär werden rund 130 000 Freiwillige  Zivilisten ausgebildet. In der Südwestpresse wurden Fotos von diesen  Freiwilligen veröffentlicht, aber nicht, wer diese ausbildet. Der „Fokus“ schrieb erstmals am 17.2. genaueres: Neonazis des rechtsextremen Asow-Regiment trainieren schießfreudige Omas des Babuschka Bataillons!

Alle Freiwilligen sollen Waffen bekommen oder können ihre eigenen Jagdgewehre mitbringen, die Legitimierung des Waffengebrauchs  kann laut  Gesetz sehr weit ausgelegt werden: „zur Selbstverteidigung dürfen sie jeden töten, der eine Gefahr für die Territorialverteidigung darstellen könnte“. Damit wächst die Gefahr, dass die Aufstellung solcher Bataillone den militärischen Konflikt weiter verschärft und zu einer Militarisierung im Innern führt.  Der Konflikt kann nur gelöst werden, wenn die auch die Militarisierung der ukrainischen Gesellschaft gestoppt wird. Deshalb:

Keine weitere Unterstützung von Kräften, die mit aggressivem Nationalismus und Revanchismus die Spannungen an heizen!

Keine Finanzierung von rechten undneonazistischen Milizen in der Ukraine!

Deeskalation und Entmilitarisierung der Zivilgesellschaft!

Stopp der Waffenlieferungen aus dem Westen. Keine deutsche Waffenlieferungen, egal welcher Art und  wie sie auch genannt werden!

Gisela Kehrer-Bleicher, VVN-BdA Tübingen-Mössingen

Geboren in Ravensbrück

8. Februar 2022

Donnerstag ,den 10.03.2022

20:Uhr

Kulturzentrum franz.K Reutlingen



Filmvorführung und Diskussion::
Geboren in Ravensbrück
Ein Dokumentarfilm

Die Filmemacherin Heike Rode ist vor Ort und diskutiert mit dem Publikum
Der Dokumentarfilm schildert die Geschichte einer der wenigen Überlebenden im KZ geborenen Kinder. Am 1. Dezember 1943 kam Ingelore Prochnows Mutter, im fünften Monat schwanger und gerade mal 19 Jahre alt, ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Der Grund ihrer Inhaftierung: „Verkehr mit einem Polen“. Im April des folgenden Jahres brachte sie ihre Tochter Ingelore zur Welt. Wie durch ein Wunder überlebte sie ein Jahr lang bis zur Befreiung im April 1945. Sie wuchs bei Adoptiveltern auf, erfuhr erst 40 Jahre später von den Umständen ihrer Geburt und machte sich auf die Suche nach ihrer Geschichte und nach möglichen Angehörigen. Ein Film, der diese Suche und die Geschichte nachvollzieht. Es geht um fehlende Erinnerungen, offene Fragen und das Erinnern ohne eigene Erinnerung.

Ingelore findet bis heute Trost und Anerkennung im Engagement um das Gedenken und den Treffen mit anderen Überlebenden und deren Angehörigen. Sie haderte lange mit ihrer Rolle als Überlebende; fehlt ihr doch die eigene Erinnerung an das KZ. Wie kann sie denn als so etwas wie eine Zeitzeugin gelten, wenn sie nichts bezeugen kann? Ingelores Geschichte wird von ihr selbst erzählt, setzt sich aus Fragmenten, Dokumenten und Briefen für die ZuschauerInnen nach und nach zusammen. Der Film bietet mögliche Antworten und wirft gleichzeitig neue Fragen auf, er ist auf der Suche, so wie es Ingelore war und ist.


mit Ingelore Prochnow, Heike Rode, Klaus Prochnow, Frau Sonntag
Regie und Montage: Jule von Hertell 
Kamera: Julia Küllmer
Sounddesign und Mischung: Anna Grabo
Farbkorrektur: Diana Sanchez


Gefördert mit Mitteln der nordmedia, Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und Stiftung Erinnerung

Pressefotos:
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https://www.franzk.net/images/kk/2022/geboren-in-ravensbrueck/geboren-in-ravensbrueck-wermshun2ayo3zcw.jpeg

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In Kooperation mit dem DGB Südwürttemberg, der IG Metall Reutlingen-Tübingen, dem OTFR Tübingen, der VVN BdA Kreisvereinigung Reutlingen und der VVN BdA Tübingen-Mössingen
Weitere Infos: http://docupasion.de/projekte/geboren-in-ravensbrueck/

Information zur Petition: Die VVN-BdA muss gemeinnützig bleiben!

27. Januar 2022

Spannende Online-Veranstaltung – Video jetzt online!

https://www.openpetition.de/petition/blog/die-vvn-bda-muss-gemeinnuetzig-bleiben

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten VVN-BdA hat Ihnen eine neue Nachricht zu dieser Petition „Die VVN-BdA muss gemeinnützig bleiben!“ geschickt:

https://www.openpetition.de/petition/blog/die-vvn-bda-muss-gemeinnuetzig-bleiben
>>> Hier geht’s zum Video <<<
‼️140 Interessierte aus Schleswig-Hollstein, Berlin, Bayern, NRW, Sachsen
und sogar aus Österreich haben gestern an unserer Online-Veranstaltung
„Wie die deutsche Wirtschaft dem Faschismus zur Macht verhalf“
teilgenommen.

➡️ Vielen Dank an Maxi Schneider und Ulli Sander, die einen interessanten
Überblick über die Ereignisse um den 26.01.1932 gegeben haben und tief in die Materie eingetaucht sind.

✨ Die Veranstaltung ist ab jetzt auf unserem Youtube-Kanal zu sehen:
www.youtube.com/watch?v=4i8gJWQflBw und bei freie-radios.net als
Audiostream zu hören: www.freie-radios.net/113533.

Abonniert gerne unseren Youtube-Kanal: VVN-BdA Bundesorganisation.

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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten VVN-BdA Alle Informationen und Fortschritte zur Petition gibt’s hier. Haben Sie eine Frage oder einen Hinweis zur Petition? Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten VVN-BdA hat die Petition gestartet. Klicken Sie hier, um Kontakt aufzunehmen. Herzliche Grüße
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Rundgang zum Mössinger Generalstreik am Samstag 29.1.2022

20. Januar 2022

„Massenstreik! – Hitler Reichskanzler“ unter dieser Losung beteiligten sich am 31.Januar 1933 mutige Arbeiterinnen und Arbeiter mit einem Demonstrationszug durch Mössingen als Einzige am Generalstreik. In Erinnerung daran und anläßlich des 89.Jahrestages führt uns die Museumsleiterin Frau Dr. Franziska Blum auf den Spuren der Streikenden in einem Rundgang zu den historischen Orten. Dieser wird etwa 1 Stunde 15 Minuten dauern und endet am Rathaus. Dort können wir dann in kleinen Gruppen den Ausstellungskubus zum Generalstreik  besuchen. Abschließend besteht noch die Gelegenheit zu einem Austausch und Gesprächen zum Generalstreik und zu weiteren Planungen im kommenden Jahr.

Treffpunkt ist um 16 Uhr am Löwenstein-Platz, beim Café Pausa, dort sind auch Parkplätze vorhanden. Fahrmöglichkeit mit dem Zug gibt es um 15.29 Uhr ab Tübingen Hauptbahnhof. Wir organisieren auch einen Mitfahrgelegenheit mit PKW: Treffpunkt dafür ist um 15.20 Uhr bei der AOK Hegelstraße/Südausgang Hauptbahnhof.

Wir freuen uns auf eure Teilnahme und bitten um Anmeldung unter : tuebingen@vvn-bda.de  Bitte auch angeben, ob Mitfahrgelegenheit ab Tübingen gewünscht ist, bzw. wer Plätze im PKW zur Verfügung stellen kann.

P.S. Für die Veranstaltung gelten die gültigen Corona-Bestimmungen, aktuell 2 G+ und Maske.

Aufruf gegen die Veranstaltung der AfD

19. Januar 2022

Mit viel „Parteiprominenz (Weidel, Chrupalla, Jongen, Frohnmaier etc.) hat die AfD für Sonntag 23.1. ab 15 Uhr eine Großveranstaltung auf dem Herrenberger Marktplatz angekündigt. Unter dem Titel: „Normalität statt Notfall – Unser 2 G ist das Grundgesetz“ sind als Redner u.a. Chrupalle, Weidel, Frohnmaier, Jungen angekündigt. Ein antifaschistisches Bündnis ruft deshalb zu einer Kundgebung um 14 Uhr auf, Platz vor der Alten Turnhalle.
Anfahrtmöglichkeit ab Tübingen mit der Ammertalbahn  13.17 Uhr Hauptbahnhof.
Bitte unterstützt das antifaschistische Bündnis und beteiligt euch an den Protesten gegen die AfD!

Ihre Freiheit ist eine Lüge

Kundgebung am 23.01.2022 um 14:00 Uhr

in Herrenberg

Mit regelmäßigen Großveranstaltungen und viel Parteiprominenz will die AfD Anhänger*innen in Herrenberg und der Metropolregion Stuttgart gewinnen,so auch wieder am 23.01.22.

Die AfD ist eine Partei, welche die Freiheit für die Mehrheit der Menschen weiter autoritär beschneiden möchte und so grenzt es an Sarkasmus, dass sie nun versucht sich durch ihren Bezug auf die Corona-Maßnamen als freiheitliche und antiautoritäre Option darzustellen.

Die AfD nutzt die teilweise ernstzunehmenden Ängste mancher Menschen vor Ansteckung und existenziellen Sorgen aus, um ihre menschenverachtende Politik in der „Mitte der Gesellschaft“ zu etablieren.

Wir sagen klar: Ihre Freiheit ist eine Lüge! Wer für Nationalismus steht, eine (noch) schärfere Gangart gegen Geflüchtete propagiert, Abtreibungsverbote befürwortet, soziale, rechtliche und wirtschaftliche Ungerechtigkeit als normal befindet und allgemein bei jeder Gelegenheit Rechte Hetze verbreitet steht nicht für Freiheit! Lasst uns den blauen Rattenfängern zeigen, was wir von ihrem heuchlerischen Freiheitsverständnis halten.

Setzt mit uns gemeinsam am kommenden Sonntag in Herrenberg ein Zeichen gegen Rechts und tretet mit uns ein für solidarische Pandemiebekämpfung!

Unsere Kundgebung beginnt um 14:00 Uhr auf dem Platz vor der Alten Turnhalle (Seestraße 31)

*Bitte kommt getestet und tragt nach Möglichkeit eine FFP2-Maske, auch wenn ihr geimpft seid und keine akuten Symptome habt. Wir werden vor Ort eine begrenzte Anzahl von Selbsttests anbieten*

Ein Aufruf von:

VVN-BdA Stuttgart, ArbeiterInnenmacht, Seebrücke Kreis Böblingen, Ende Gelände Tübingen, Wombat-Bündnis: Solidarität statt Autorität, Antifa Calw, Antifaschistische Aktion Herrenberg, Aufstehen gegen Rassismus Stuttgart,Widersta_NT, Rosa Reutlingen, Fantifa Herrenberg



Das Tübinger OTFR ruft ebenfalls zu Aktionen gegen die AfD-Kundgebung auf. Zugtreffpunkt ist um 13.20 Uhr Hauptbahnhof. Weitere Infos unter:https://www.tueinfo.org/wordpress/?p=1158

Gegen das Vergessen!

21. November 2021

Die VVN-BdA Tübingen-Mössingen beteiligte sich an der Gedenkveranstalltung der Reutlinger VVN-BdA

Die Toten mahnen die Lebenden:

Gegen das Vergessen!

Gedenktag 2021 gegen Neonazismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Krieg!

am Totensonntag, 21. November 2021, 10:00 Uhr,

vor dem Mahnmal Friedhof Unter den Linden, Reutlingen.

Gedenkredner:       Moritz Stiepert, Regionssekretär Deutscher Gewerkschaftsbund DGB

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Vielen Dank, dass ihr alle zahlreich erschienen seid! Vielen Dank für die Einladung als Gedenkredner!

Der Totensonntag dient in der evangelischen Kirche als Gedenktag für die Verstorbenen. Er liegt am letzten Sonntag des Kirchenkalenders, also am letzten Sonntag vor dem 1. Advent. Für antifaschistische Organisationen wie die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ ist es ein Gedenktag für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Daher befinden wir uns heute hier auf dem Friedhof Unter den Linden am Mahnmal.

„Man muss den Leuten anscheinend immer noch beibringen, dass jeder Mensch ein Mensch ist.“, sagte Esther Bejarano, das langjährige Mitglied des VVN-BdA, die uns leider in diesem Jahr verlassen hat. Auch dieser Frau sollten wir heute gedenken. Esther war vor drei Jahren noch auf Tournee mit der Microphon Mafia und hat dabei auch Reutlingen besucht. Eine stete Kämpferin gegen Rechtsextremismus in Deutschland. Dafür sollten wir ihr dankbar sein und so sollten wir an sie gedenken!

Ich möchte auch daran erinnern, dass der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ 2019 noch die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde. Sie wurde zum Glück wiedererlangt, es passt jedoch in eine Zeit, in der rechtsextreme mit immer mehr Grenzverletzungen und (Gewalt)Taten durchkommen und gleichzeitig immer mehr Antifaschist*innen vor Gericht landen und hier in teilweise abenteuerlichen Indizienprozessen zu langen Haftstrafen verurteilt werden. Auch im Fall der angeblichen Linksterroristin Lina fallen nun die ersten Anklagepunkte in sich zusammen. Ich kann nur sagen: Antifaschismus ist kein Verbrechen!

Zudem möchte ich meine Solidarität mit der Zelle und Rosa bekunden, die im letzten Jahr durch Brandanschläge immer wieder in Gefahr gebracht und bedroht wurden. Wir können nur hoffen, dass die Angeklagten aus rechten Kreisen, ihre gerechte Strafe bekommen und wir bekunden hier unsere Solidarität mit der Zelle und Rosa. Ihre Jugendarbeit ist wichtig! Sie ist wichtig gegen rechts und Reutlingen wäre deutlich grauer und trister ohne solche Gruppierungen in der Stadt.

Ich möchte daran erinnern, dass die Totensonntagstradition in Reutlingen auf den ehemaligen Bürgermeister Fritz Wandel, der Bürgermeister unter Oskar Kalbfell war, zurückgeht. Fritz Wandel war KPD Mitglied, 3. Stellvertreter unter Oskar Kalbfell und als Leiter des Wohnungsamtes der Stadt Reutlingen maßgeblich am Wiederaufbau der Stadt beteiligt. Er hatte gemeinsam mit Kalbfell Reutlingen vor einer größeren Zerstörung durch die Franzosen bewahrt und auch nach dem Krieg 1947 den VVN-BdA in Reutlingen begründet. Nächstes Jahr steht also der 75. Geburtstag an!

Dieses Jahr bietet viele Gelegenheiten und wichtige Themen, die mensch mit dem Totensonntag in Verbindung bringen könnte. Der gewaltsame Sturm auf das Kapitol in Washington, welcher durch den ehemaligen amerikanischen Präsidenten Trump ausgelöst wurde, der viele Menschenleben gekostet hat und auch weiterhin die Bevölkerung der USA spaltet. Die älteste Demokratie der Welt ist in Gefahr!

Oder der gescheiterte Afghanistanfeldzug, der in diesem Jahr beendet wurde. Wir sahen Menschen im Fernsehen, die sich aus Angst vor der Taliban an Flugzeuge gehangen haben und beim Start auf die Landebahn fielen. Frauen müssen nun wieder Angst davor haben, dass sie nicht zur Schule gehen können und auch sonst keine Rechte im öffentlichen Leben haben.

Während am anderen Ende der Welt Menschen Angst um ihr Leben haben, haben Menschen in Deutschland Angst vor einer Impfung. Ältere Menschen, mit Wohlstandsbauch, Fleecejacke, Treckingschuhen, einem „Ich bin leider nur gesund“ Button am Rucksack und einem „umarmbar“ Schild in der Hand, bevölkern wochenends die Innenstädte und liefern sich Keilereien mit der Bereitschaftspolizei; dafür wäre die Antifa sicher langjährig im Knast gelandet.

Aber das alles ist bereits weitreichend kommentiert und auch gut beschrieben worden. Daher möchte ich heute ein anderes aktuelles Thema ansprechen:

„Man muss den Leuten anscheinend immer noch beibringen, dass jeder Mensch ein Mensch ist.“, hat Esther Bejarano gesagt.

Ich möchte mich heute mit einem „Krieg“ vor unserer Haustür beschäftigen. Krieg, so nennen es jedenfalls einige Zeitungen. Einem Krieg, bei dem mensch sich noch unschlüssig ist, ob er nun zwischen Weißrussland und Europa, zwischen Russland und Europa oder doch nur zwischen Russland und Deutschland stattfindet. Einem Krieg, der wie jeder Krieg auf dem Rücken der Schwächsten der Gesellschaft ausgetragen wird. Es wird in den Medien Krieg genannt, weil wir angeblich Angst vor Menschen haben. Und somit Menschen hier als Waffe dienen! Ich rede von der Situation an der polnisch/belarusischen Grenze.

Ich rede von Menschen, die von der einen Polizei ins andere Land gejagt wurden, nur um dann im anderen Land von der anderen Polizei verfolgt zu werden.

Und warum dienen hier Menschen als Waffen? Naja, nur weil Lukaschenko und Putin verstanden haben, dass Europa vor nichts mehr Angst hat als vor Geflüchteten.

Es gibt also kein Schwarz und Weiß in dieser Geschichte.

Auch auf der Seite von Russland und Belarus gibt es nicht nur das pure Böse. Putin ist kein Demokrat, aber er hat auch ein gebeuteltes Riesenreich, nach dem Chaos unter Gorbatschow und Jelzin wieder beruhigt.

Lukaschenko ist ein Autokrat, ekelhafter Rassist, Hitlerverehrer und Antisemit, aber wir werden das Problem Lukaschenko nicht an der polnischen/belarussischen Grenze lösen können. Dann tragen wir unseren Konflikt nur auf dem Rücken der Geflüchteten aus.

Aber warum diese Angst vor geflüchteten Menschen?

Zwischen 2015 und 2017 kamen ungefähr 2,6 Millionen Schutzsuchende nach Deutschland. Das hat innerhalb der Gesellschaft zu enormen Diskussionen geführt. Grundsätzlich stellt das eine Gesellschaft sicherlich vor Probleme. Es braucht Unterkünfte, neue Schulformen, Arbeits- und Ausbildungsplätze, Lehrer*innen für den Deutsch als Fremdsprache Unterricht usw. usf. Natürlich bedarf eine solche hohe Zahl an Migranten eine Kraftanstrengung einer Gesellschaft. Und natürlich müssen wir über das „Wie“ von Migration diskutieren können.

Doch zuletzt wurden Bilder in Social Media Kanälen geteilt, die uns nur mit Schrecken zurücklassen können. Familien liegen bei dieser Kälte und Nässe im Wald, vor ihnen die polnische, hinter ihnen die weißrussische Polizei. Hundert(e) Menschen stehen somit an einem Grenzposten – eingeschlossen von bewaffneten Polizist*innen. Ich möchte gar nicht sagen, dass ich hier heute einen Vorschlag machen könnte, wie dieser Konflikt zu lösen ist, aber von Europa, dem einzigen Kontinent mit Friedensnobelpreis und mit – immer wieder hervorgehobenen – Werten, sollten wir ein anderes Vorgehen erwarten können. Nicht abschotten, sondern konkrete Hilfen und gegebenenfalls die Aufnahme der Geflüchteten sind dabei das Mindeste, was wir leisten können.

Grundsätzlich sollten wir vor Migration keine Angst haben. Ich denke, wir haben die Migrationswellen 2015/17, aber auch in den 60ern und 90ern gut aufgefangen und bei allen Problemen geschafft! Die Hälfte derjenigen, die 2015/17 zu uns gekommen sind, ist heute in Arbeit und davon wiederum die Hälfte als Facharbeiter angestellt. 21% der Menschen im schulpflichtigen Alter besuchen ein Gymnasium, oder haben eines besucht. Wir müssen uns dabei auch weiterhin dafür einsetzen, dass Menschen im Schulsystem und an der Arbeit nicht diskriminiert werden.

Denn Deutschland hat demographisch betrachtet nach Japan die zweitälteste Bevölkerung der Erde. 2015-2017 war der letzte und einzige Zeitraum, in dem Deutschland gewachsen ist und etwas jünger wurde. Wir brauchen daher dringend Migration!

Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, sprach zuletzt von einer netto Zuwanderung von 400 000 Menschen pro Jahr, die es bräuchte, um die in die Rente gehenden Jahrgänge in den nächsten Jahren aufzufangen. Anders sei unser Wohlstand nicht mehr abzusichern.

Deutschland hat derzeit 21 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, das sind ca. 25 % der Einwohner*innen dieses Landes. Wenn ich die Zahlen richtig gelesen habe, dann liegt Reutlingen mit einer Quote von 26 % da genau im Schnitt. Doch trotz aller Schlagzeilen der Bild-Zeitung, trotz Boris Palmer, trotz Thilo Sarrazins Büchern und trotz aufgebrachten Wutbürger*innen, können wir doch sagen, dass wir in einem der sichersten Länder der Welt leben. Die Integration der zu uns kommenden Menschen ist als Erfolgsgeschichte zu verstehen. Am 30. Oktober konnten wir 60 Jahre Anwerbeabkommen mit der Türkei feiern. Ein Tag, der mir persönlich zu wenig gefeiert wurde. Was wäre Deutschland ohne unsere türkischstämmigen Kolleg*innen in den Betrieben, als Vertrauensfrauen und -männer und Betriebsrät*innen. Das trifft natürlich auch auf andere Migrationsgruppen zu, wie den Menschen aus Russland und Ex-Jugoslawien Anfang der 90er, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen.

Migration ist kein modernes Phänomen, schon Cäsar schrieb im De bello Gallico über umherziehende Bevölkerungsgruppen. Wir sind uns sicher: In der Moderne wird Migration sogar noch zunehmen. Nein, Deutschland muss nicht für alle die Heimat werden, aber auch nicht alle kommen nach Deutschland weil sie wollen, sondern weil sie müssen. Wir sollten unserer Pflicht als Menschen nachkommen, ein bisschen etwas von unserem enormen Reichtum in Deutschland mit dem Rest der Welt teilen und die Menschen, die Zuflucht suchen, hier aufnehmen.

„Give me your tired, your poor,
Your huddled masses yearning to breathe free,
The wretched refuse of your teeming shore.
Send these, the homeless, tempest-tost to me,
I lift my lamp beside the golden door!“ So geht es im Sonnett The New Colossus von Emma Lazarus, das an der Freiheitstatue prangt und ich finde, das wäre auch kein schlechtes Motto für Deutschland.

Diese Freiheitsstatue und dieses Gedicht haben viele auf Ihrer Flucht vor dem Faschismus als Zeichen der Freiheit sehen können, wenn sie mit dem Boot in Amerika angelegt haben. Denn eins sollten wir uns immer vor Augen führen. Von Deutschland ging während der NS-Zeit Gewalt und Vernichtung aus und somit auch eine der größten Flucht- und Migrationsbewegungen der Moderne.

Viele hatten die Möglichkeiten in Skandinavien, den USA oder Israel unterzukommen, aber vielen wurde auch die rettende Aufnahme verweigert und sie starben auf der Flucht.

Europa und insbesondere Deutschland hat daher die historische Pflicht an seinen Außengrenzen und auf dem Mittelmeer Migration human zu gestalten. Es hat ebenso aus ökonomischem Interesse die Pflicht Migranten aufzunehmen. Was spricht also dagegen, eine humane Lösung der Migrationsfrage an den Außengrenzen vorzunehmen? Wir brauchen keine Abschottung! Europa darf nicht die Gated Community der Erde werden! Wir brauchen Aufnahme, Bildung, Ausbildung, Arbeit und Integration.

Ich danke Ihnen für Ihr Kommen und freue mich auf die weiteren Grußworte und Reden!

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